Fortschritte bei der Getränkeentwicklung mit Quinoa statt Gerste

 

Fortschritte bei der Getränkeentwicklung mit Quinoa statt Gerste
Fortschritte bei der Getränkeentwicklung mit Quinoa statt Gerste. Foto: Familie Brinkmann, Prof. Dr. Frank Endres Dr.-Ing. Markus Reinhold.

Südniedersachsen. Seit Oktober 2022 wird im Harz an einem innovativen, ganz besonderen Bier gearbeitet. Aber was kann und darf an einem Bier denn in Deutschland überhaupt innovativ sein?

Ziel des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens ist die Produkt-, Verfahrens- und Prozessentwicklung zur Herstellung eines geschmackvollen Biers mit Quinoa statt Gerste. Es ist somit vollständig glutenfrei. „Normalerweise werden Entwicklungsprojekte für alkoholische Getränke eigentlich nicht gefördert“, berichtet Dr.-Ing. Markus Reinhold, der als SNIC-Technologie- und Innovationsberater der WiReGo bei der Beantragung von Fördermitteln begleiten durfte. „Aber wir konnten dem Fördermittelgeber vermitteln, wie schwer es Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit haben. Bei ca. ein Prozent der hiesigen Bevölkerung können bereits kleinste Verunreinigungen von Lebensmitteln mit Gluten gravierende Beschwerden auslösen. Mit unserer Entwicklung wollen wir daher einen kleinen Beitrag leisten, dass Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit ein ganz normales Leben führen können. Und ein Bier zusammen mit Freunden trinken zu können, ist eben auch ein Stück deutsche Kultur und Lebensqualität“.

Die Quinoa ist als Pseudogetreide von Natur aus vollständig glutenfrei und daher ein idealer Rohstoff. Das dachte sich auch Familie Brinkmann als Initiatorin des Projekts. Für den von ihnen geführten landwirtschaftlich geprägten Familienbetrieb bietet die Quinoa-Bierproduktion zugleich ein interessantes Diversifizierungs- und Wachstumspotenzial. Die Quinoa wird daher auch direkt in Dannhausen nach hohen Qualitätsstandards und ohne Düngung ressourcenschonend angebaut. Das ist Familie Brinkmann als beantragendes KMU sehr wichtig gewesen.

Ein solches Entwicklungsprojekt lässt sich jedoch nur mit den richtigen Expert:innen realisieren. Schließlich ist Quinoa nur ein Pseudogetreide, das mit der klassischen Braugerste wenig gemein hat. Für die Erarbeitung eines geeigneten Brauprozesses sind daher Profis am Werk. Braumeister Frank Endres ist eigentlich habilitierter Physikochemiker und Professor Institut für Elektrochemie an der TU Clausthal. Da es aber in Norddeutschland keine annähernd vergleichbar gute Forschungseinrichtung für Bier, wie das weltbekannte Weihenstephan in Freising, gibt, möchte er dies kurzerhand mit seinem Team, bestehend aus Birgit Fritzsche und Alexandra Prowald, ändern. Endres betreibt nun eine eigene Forschungsbrauerei an der TU Clausthal, wo das neuartige Quinoa-Bier entwickelt wird.

Wie Vorversuche gezeigt haben, ist ein gut trinkbares Bier aus Quinoa jedoch extrem anspruchsvoll zu brauen. Schließlich soll es nicht nur so aussehen, wie ein „echtes“ Bier, sondern auch so schmecken. Wer bereits ein aus Reis gebrautes Bier getrunken hat, weiß wie schwierig das ist. Fakt ist jedoch auch, dass solche Herausforderungen auch spannende Forschungsthemen sind. So spannend, dass es sogar gelungen ist, einen weltweiten Experten für Pseudogetreide mit in das Vorhaben zu integrieren. Dr. Martin Zarnkow ist Leiter der T&E am Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität der TU München und unterstützt als zweiter erfahrener Brauer und Mälzer tatkräftig die Entwicklung zusammen mit Lukas Brass und Prof. Dr.-Ing. Martina Gastl.

Nach bisher gut 17 Monaten Projektlaufzeit und vielen Lerneffekten sind wir mittlerweile so weit, dass wir gut trinkbare Quinoa-Biere herstellen können. Die erste größere Verköstigung der prototypischen Biere fand daher am 7. Dezember 23 auf einer Informationsveranstaltung zur Förderung von Innovationsprojekten im Gut Levershausen statt. Mittelständische Unternehmer:innen konnten dort selbst die Biere probieren und bewerten. Das Ergebnis war vielversprechend. Gerade das alkoholarme Amber Bier kam sehr gut an und wurde wegen seines fruchtigen Aromas gelobt – und Bier ist bekanntlich Geschmackssache. Wer sich daher einen eigenen Eindruck verschaffen möchte, kann sich gerne für ein Probebier an Herrn Prof. Endres bei der Forschungsbrauerei der TU Clautsthal wenden und sich anmelden.

Das Projekt wird dankenswerter Weise von der Deutsche Innovationspartnerschaft Agrar (DIP) gefördert, ein Programm vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Hier gibt es weitere Informationen zur Technologieberatung.

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