Diversitäts- und Inklusionsmanagement werden zukünftig immer weiter an Bedeutung gewinnen. Ziel des Beitrags ist es, die Relevanz des Themas für die Arbeitskultur der Zukunft zu unterstreichen und den damit einhergehenden Veränderungsprozess für Unternehmen darzustellen.

Ausgangslage

Bis zum Jahr 2050 wird das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland bei konstanten Erwerbsquoten um rund 16 Millionen Menschen und damit um 36 Prozent zurückgehen (Quelle: Bertelsmann Stiftung 2015). Aufgrund der sinkenden Zahl potentieller Mitarbeiter wird es für Unternehmen schwieriger, die benötigten Arbeitskräfte zu finden und langfristig an sich zu binden. Dies gilt insbesondere für hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte.

Abb. 1: Diversität: was ist das?
Unter Diversität wird Vielfalt oder Verschiedenartigkeit basierend auf Merkmalen, die für die eigene Identität und das
gesellschaftliche Zusammenleben wichtig sind, verstanden. (Quelle: Hanappi-Egger)

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, stehen heute zunehmend Personalmanagement-Maßnahmen im Fokus, die auf bislang unterrepräsentierte Gruppen abzielen und damit zu einer Erhöhung der Diversität in Unternehmen führen sollen. Zu diesen Gruppen zählen neben Frauen beispielsweise auch ältere Mitarbeiter sowie Mitarbeiter aus dem Ausland.

Bei einer Betrachtung des Status Quo fällt jedoch auf, dass sich trotz der intensiven Diskussion um das Thema Diversität nur bedingt etwas verändert hat. So findet sich beispielsweise auch in 2018 nur ein geringer Frauenanteil bei den Top Management Positionen. Lediglich 9% der Vorstände und 27% der Aufsichts- und Verwaltungsräte der Top 200 Unternehmen werden von Frauen besetzt.

Trotz einer intensiven gesellschaftspolitischen Diskussion um die Themen Antidiskriminierung und Gleichstellung sind die neuen Mitarbeitergruppen zudem immer noch einer erhöhten Diskriminierungsgefahr ausgesetzt. Gleichzeitig legen aktuelle Forschungsergebnisse nahe, dass Diversität in Unternehmen vielfach erhöhte Konfliktpotentiale hervorruft, die die Arbeitsleistung der Mitarbeiter verringern können.

Demgegenüber steht die Idee von Diversität als Potentialträger für Unternehmen. Durch die unterschiedlichen Erfahrungen und Blickwinkel der diversen Mitarbeitergruppen kann beispielsweise die Innovationsfähigkeit und der Umsatz erhöht werden. Es stellt sich jedoch die Frage, wie Unternehmen den besonderen Herausforderungen begegnen und die dargelegten Potentiale nutzen können.

Lösungsansätze

Das Konzept des Diversitäts- und Inklusionsmanagements bietet der Unternehmensführung Strategien und Methoden, die Vielfalt der Belegschaft professionell und gewinnbringend zu nutzen. Wichtig ist dabei, dass nicht nur Prozesse von Diskriminierung und Ausgrenzung verhindert werden (Diversitätsmanagement), sondern durch den gezielten Einbezug aller Mitarbeitergruppen eine offene Arbeitskultur geschaffen wird (Inklusionsmanagement), in der jeder Mitarbeiter, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft, beste Leistungen erzielen kann. Damit einher geht eine veränderte Haltung in Unternehmen: nicht eine zahlenmäßige Erhöhung von unterrepräsentierten Gruppen (bspw. Frauenquote), sondern erst die Wertschätzung und aktive Integration dieser Gruppen können das gesamte Potential von Diversität realisieren.

Über eine allgemeine Fairness und Chancengleichheit hinaus sind inklusive Organisationen dadurch gekennzeichnet, dass gerade die Unterschiedlichkeit als ein Mehrwert für die Verbesserung von Entscheidungsprozessen angesehen wird. Dieses Diversitätsverständnis gibt jedem Arbeitnehmer die Chance, an den Unternehmensprozessen teilzuhaben. Weiterhin besteht für jedes Mitglied der Organisation die Möglichkeit, seine eigene Person und seine individuellen Stärken in das Arbeitsumfeld einzubringen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft.

Bisherige Umsetzung in Unternehmen

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Diversity Management in Ageing Societies“ wurden im Zeitraum April 2014 bis März 2015 insgesamt 104 Unternehmensvertreter*innen der in Abb. 2. genannten Zielgruppe (unter anderem) bezüglich der von Ihnen eingesetzten Diversitätsmaßnahmen befragt.

Abb. 2: Datenerhebung im Rahmen des Forschungsprojekts „Diversity Management in Ageing Societies“ (Quelle: F. Froese)

Es stellte sich heraus, dass insbesondere Maßnahmen, die die Diversität im alltäglichen Berufsleben fördern, wie beispielsweise eine flexible Arbeitszeitgestaltung oder das Einsetzen heterogener Teams, bei den befragten Unternehmen Anwendung finden. Top-Down-orientierte Diversitätsmaßnahmen, wie beispielsweise die Evaluation des Diversitätsmanagements, stehen dagegen weniger im Vordergrund (siehe Abb. 3).

Abb. 3: Diversitätsmanagementmaßnahmen der befragten deutschen Unternehmen (Quelle: F. Froese)

Empfehlungen für Unternehmen

Diversitätsmanagementmaßnahmen sollten langfristig und im Einklang mit der Unternehmensstrategie geplant werden. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass Unternehmen ihr Diversitäts- und Inklusionsmanagement kontinuierlich selbst reflektieren und nachjustieren, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen auf ihre langfristigen Unternehmensziele abgestimmt sind. In Organisationen, die die Verantwortlichkeit für das Thema Diversität keiner speziellen Abteilung, Person oder Gruppe zuweisen, geraten diversitäts- und Inklusionsziele leicht in Vergessenheit. Daher ist eine Verankerung von Verantwortlichkeit für die Förderung einer inklusiven Arbeitskultur essenziell.

Neben der Verankerung der Verantwortlichkeiten ist die Veränderung von Einstellungen der Mitarbeiter und Führungskräfte gegenüber Diversität von großer Bedeutung. Hierzu wird beispielsweise eine Reduzierung von Vorurteilen durch Weiterbildung und Feedback verstanden. Die Etablierung eines Diversitätstrainings kann vor allem den Führungskräften bewusst machen, wie Vorurteile ihre eigenen Handlungen, aber auch die ihrer Mitarbeiter im Firmenalltag beeinflussen. Die sozialpsychologische Forschung hat gezeigt, dass sich Vorurteile reduzieren lassen, indem Personen über Themen wie Minoritäten, Ausgrenzung und Unterschiedlichkeit informiert werden und Reflexion über eigene Verhaltensweisen und Einstellungen angestoßen werden. Weiterhin kann systematisch analysiert werden, wie die einzelnen Mitarbeiter am besten integriert werden können. Die Veränderungen von Einstellungen werden ebenfalls durch Diversitätsevaluationen beeinflusst. Diese regelmäßigen Bewertungen sollen den Managern ein Feedback darüber geben, welche Effekte ihre Entscheidungen auf die Wahrnehmung ihrer Mitarbeiter haben. Durch die Incentivierung des inklusiven Verhaltens der Manager außerhalb des Trainings können nachhaltigere Effekte erzeugt werden.

Die dritte Zielrichtung von Maßnahmen zur Förderung einer inklusiven Arbeitskultur ist die Aufhebung der sozialen Isolation von Minoritäten. Um dies in die Tat umzusetzen, bieten sich Networking- und Mentoring-Programme an, die darauf abzielen, die Vernetzung zu erhöhen. Durch solche Programme können Minderheiten im Unternehmen wertvolle Kontakte knüpfen und so gefördert und unterstützt werden.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass Diversitätsmaßnahmen vor allem dann erfolgreich sind, wenn Unterstützung und eine Top-Down-Umsetzung gegeben sind. Daher ist es von besonderer Bedeutung, dass das Thema auf Geschäftsführungsebene verankert wird.

Referenzverzeichnis

(1) Prof. Dr. Dr. Fabian Jintae Froese, Dr. Anna Katharina Hildisch, Lena E. Kemper (2015) „Von Vielfalt Profitieren – Wie eine inklusive Arbeitskultur den Unternehmenserfolg steigert“, Universität Göttingen https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-06092-3_26

(2) Lena E. Kemper, Dr. Anna Katharina Bader, Prof. Dr. Dr. Fabian Jintae Froese (2016) „Diversity Management in Ageing Societies: A comparative study of Germany and Japan”, Universität Göttingen https://www.jstor.org/stable/24892942

(3) Prof. Dr. Dr. Fabian Jintae Froese (2019) Vortrag: „Diversität und Diversitätsmanagement: Ein Überblick“, Fachkräftekonferenz Südniedersachsen https://www.suedniedersachsenstiftung.de/17-fachkraeftekonferenz-suedniedersachsen-zeigte-wie-unternehmen-von-vielfalt-profitieren-koennen/

Projektdetails

Dieser Blick in die Forschung basiert auf der Publikation „Von Vielfalt Profitieren“ der Professur für Personalmanagement mit dem Schwerpunkt China/Asien der Universität Göttingen. Die Forschungsergebnisse wurden im Buch „Arbeitskultur 2020: Herausforderungen und Best Practices der Arbeitswelt der Zukunft“ (Springer Gabler: Wiesbaden) veröffentlicht. Zudem basiert der Artikel auf dem Forschungsprojekt „Diversity Management in Ageing Societies“, bei der Unternehmensvertreter*innen aus 209 Unternehmen in Deutschland und Japan zum Thema Diversitätsmanagement befragt wurden.

Zu den Kernkompetenzen des Lehrstuhls unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Froese gehören internationales Personalmanagement, interkulturelles Management, Diversitätsmanagement und Talent Management. Siehe auch: http://www.hrm.uni-goettingen.de

Ihr Kontakt

Prof. Dr. Dr. Fabian Jintae FroeseUniversität Göttingen
Professur für Personalmanagement mit dem Schwerpunkt China/Asien
0551 39 20491