Ein neuartiges mobiles bildgebendes Verfahren ermöglicht es, neurowissenschaftliche Forschung außerhalb des Labors durchzuführen. Das Einsatzspektrum der Gehirnforschung wird damit um anwendungsorientierte Forschungs-szenarien wie beispielsweise die Erforschung des Konsumentenverhaltens am Verkaufsort erweitert, was die externe Validität dieser Methoden erhöht.

Fragestellung

Durch den Einsatz neurowissenschaftlicher Instrumente erhofft man sich, die unbewusst ablaufenden Prozesse im menschlichen Gehirn besser untersuchen und verstehen zu können. Im Gegensatz zur klassischen Marktforschung, bei welcher der Erkenntnisgewinn meist ausschließlich retrospektiv erfolgt, können durch neurowissenschaftliche Methoden, Hinweise auf die unbewussten Reaktionen und Präferenzen der Proband*innen erhoben werden.

Das bisher am häufigsten zum Einsatz kommende bildgebende Verfahren ist die funktionale Magnetresonanztomographie (fMRT). Es lassen sich aufgrund hoher Kosten nur eine geringe Probandenzahl untersuchen zumal unter für die Konsumentenforschung wenig realistischen Laborbedingungen.

Ein mobiles neurowissenschaftliches Verfahren, das weniger empfindlich auf Bewegungsartefakte von Probanden reagiert, aber gleichzeitig eine hochaufgelöste räumliche Darstellung der aktivierten Gehirnareale ermöglicht, kann hierfür eine Lösung sein.

Lösung

Bei fNIRS handelt es sich um ein nicht-invasives, optisches bildgebendes Verfahren, welches auf Grundlage der neurovaskulären Kopplung die sich verändernden optischen Eigenschaften des zerebralen Blutflusses abbildet. Dafür wird ein mit nahinfraroten Lichtquellen (Wellenlänge 760-850 nm) und Detektoren versehenes Stirnband auf den Kopf der Proband*innen gesetzt (Abb. 1). Das nahinfrarote Licht durchdringt das Gewebe, wird nach Absorption durch Oxy- bzw. Deoxyhämoglobin gestreut und tritt an anderer Stelle wieder aus. Aus dem Verhältnis von eingestrahlter zu austretender Lichtmenge werden Rückschlüsse auf die Veränderungen des zerebralen Blutflusses gezogen. Die relativen Unterschiede der Sauerstoffkonzentration werden anschließend in einem 3D-Modell des Gehirns abgebildet.

Abb. 1: Funktionsweise und Messaufbau für das fNIRS-System (Meyerding & Risius, 2018)

Untersucht wird dabei häufig der präfrontale Kortex (PFK), da er bei ökonomischen (Kauf-) Entscheidungen eine entscheidende Rolle spielt. Aktivierungen im PFK können eine Vielzahl von verschiedenen Prozessen widerspiegeln, z.B. Lern- und Bewertungsprozesse, die Zahlungsbereitschaft, Markenpräferenzen und Entscheidungsfindung.

Vorteile

  • Mobil und kostengünstig, ermöglicht die Nutzung in realen Lebenssituationen bei freier Beweglichkeit der Personen
  • Tolerant hinsichtlich Körper- und Kopfbewegungen
  • Nicht-invasiv, schmerz- und nebenwirkungsfrei
  • Die Untersuchung einer Vielzahl von Probanden ist ohne großen Aufwand möglich

Weitere Anwendungsmöglichkeiten

  • Neurolinguistik
  • Neurowissenschaftliche Persönlichkeits-, Geschlechter- und Altersforschung
  • Neuroökonomische Fragestellungen
  • Neuromarketing
  • Psychologische Forschung beispielsweise mit Kindern

Entwicklungsstand

Für den Einsatz im Bereich der Neuroökonomie bzw. der Consumer Neuroscience steht die Methode noch relativ am Anfang. Momentan wird fNIRS für die Konsumentenforschung genutzt mit Fokus auf methodischen Aspekten.

Forschungseinrichtung

Universität Göttingen
Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte

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Amrie Landwehr
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Dr. Annemone Radleff-Schlimme
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