Gründungsvorhaben von Menschen mit Migrationshintergrund stellen ein wichtiges endogenes Potenzial zur innovativen Gestaltung des demographischen Wandels und der nachhaltigen Förderung von Integration dar, das aktuell insbesondere in ländlichen Räumen jedoch nur unzureichend beachtet wird. Im Rahmen des inter- und transdisziplinären Forschungsprojektes “MIGOEK | Migrantische Ökonomie für ländliche Kommunen – Servicebüros für Verwaltung, Politik, Organisationen, Gründer_innen und Unternehmen” werden an den Fakultäten Management, Soziale Arbeit & Bauen und Ressourcenmanagemen der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Holzminden und Göttingen Möglichkeiten zur Verbesserung der Ansprache und Unterstützung von migrantischen Gründungsinteressierten und Unternehmen erforscht.

Konzept & Ziele

In Kooperation mit Kommunen (Landkreis Cloppenburg, Landkreis Holzminden, Werra-Meißner-Kreis) sowie Akteur_innen aus Wirtschaftsförderung, Integrationsarbeit, Wirtschafts- und Migrant_innenorganisationen setzt das Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Leonie Wagner, Dr. Anke Kaschlik, Mehmet Fatih Rüzgar und Prof. Dr. Jörg Lahner auf eine Verbesserung des Zugangs Gründungsinteressierter mit Migrationshintergrund zu Beratungsangeboten und Wirtschaftsorganisationen über verschiedene Angebote: Auf der einen Seite werden vorhandene Beratungsangebote durch die Förderung der interkulturellen Kompetenzen der Beratenden verbessert. Auf der anderen Seite wird der Informationsfluss und die Vernetzung zwischen Gründungsberatung, wirtschaftlichen Organisationen, Migrant_innenorganisationen und migrantischen Gründungsinteressierten durch Vernetzungsveranstaltungen gefördert. Der Zugang zu den Angeboten soll zudem durch ein proaktives Vorgehen der Beratungseinrichtungen verbessert werden. Hier sind dezentrale Info-Veranstaltungen für Gründungsinteressierte ein entscheidendes Instrument. Darüber hinaus soll ein Online-Angebot mit Best-Practice-Beispielen Informationen für Gründunginteressierte über die beteiligten Landkreise hinaus zur Verfügung stellen.

Mit den als Kooperationspartnern fungierenden Landkreisen Holzminden, Cloppenburg und Werra-Meißner-Kreis werden im Rahmen des Projektes ländliche Regionen untersucht, in denen nur in sehr begrenztem Umfang systematisches Wissen über migrantisches Unternehmertum vorliegt und denen unterschiedliche wirtschaftliche, politische und unternehmensstrukturelle Rahmenbedingungen zu Grunde liegen. Um diese zielführend berücksichtigen zu können, wurden zunächst ausführliche Bestandsaufnahmen bestehender Beratungsangebote und migrantischer Unternehmen erstellt. Zudem wurden durch Interviews mit migrantischen Gründer_innen Bedarfe in der Gründungsberatung ermittelt.

Aufbauend auf diesen Bestandsaufnahmen wurde ein Konzept zur Ansprache und Beratung von Gründungsinteressierten mit Migrationshintergrund erarbeitet und in sogenannten Reallaboren in den drei beteiligten Landkreisen unterschiedliche Angebotsformate erprobt. Für die Projektbetreuung in den Landkreisen zeichnen sich Sarah Metz (Landkreis Werra-Meißner), Julia Yildiz (Landkreis Holzminden) und Lukas Thöle (Landkreis Cloppenburg) verantwortlich.

Inhalte & erste Ergebnisse

Die Regionalanalysen in den teilnehmenden Landkreisen beruhen einerseits auf der Auswertung spezifischer Daten zu den Themenfeldern Gründungsgeschehen, Wirtschaftssituation etc. und andererseits auf Expert_inneninterviews mit Personen aus Einrichtungen der Wirtschaftsförderung und der Gründungsberatung sowie mit Verantwortlichen aus Migrant_innenorganisationen und Gründer_innen bzw. Unternehmer_innen mit Migrationshintergrund. Auf diese Weise wurden jeweils landkreis- bzw. regionsspezifische Herausforderungen und Bedarfe erarbeitet. Ein Ergebnis ist, dass zwar vielfältige Unterstützungsformate angeboten, diese aber insbesondere von Gründungsinteressierten mit Migrationshintergrund nur unzureichend genutzt werden. Begründen lässt sich dieser Umstand mit einem zu geringen Bekanntheitsgrad vieler Angebote unter den Gründungsinteressierten, bei den Migrant_innenorganisationen und unter den Mitarbeiter_innen in Einrichtungen zur Integrationsförderung. So suchen Gründungsinteressierte Informationen oftmals nur im privaten Umfeld. Die migrantischen Unternehmer_innen sind seltener Mitglied, und damit verbunden in Wirtschaftsorganisationen vernetzt bzw. in den dortigen Erfahrungsaustausch eingebunden. Gründe hierfür liegen teilweise an der fehlenden Kenntnis von solchen Angeboten, bzw. der fehlenden Ansprache von Seiten der Organisationen.

Diese Erkenntnisse zeigen den Bedarf einer stärkeren, zielgerichteten Vernetzung der Beratung anbietenden Wirtschaftsförderungseinrichtungen, der gründungsinteressierten Migrant_innen und der Einrichtungen zur Integrationsberatung sowie der Migrant_innenorganisationen zum Transport von Informationen, zum Abbau von Hürden und zum Aufbau von Vertrauen. Damit diese Vernetzung wahrgenommen wird und gelingen kann, wurden Workshops zur Förderung interkultureller Kompetenzen mit Vertreter_innen aus Wirtschaftsförderungen, Jobcentern, Kammern und weiteren beratenden Einrichtungen in den drei Untersuchungsregionen durch die Servicebüros organisiert und durch zwei Mitarbeiterinnen des IQ Netzwerks Niedersachsen durchgeführt. Im Rahmen dieser Workshops wurden verschiedene „Stolpersteine“, wie Intransparenz der Angebote, bürokratische Hürden und auftretende Probleme bei der Anerkennung von Abschlüssen analysiert. Andererseits wurden unter anderem das Vertrauen zu den Berater_innen, Infomaterial für Personen ohne oder mit wenigen Vorkenntnissen oder eine Angenehme Gesprächsatmosphäre und die Wertschätzende Haltung gegenüber des Gründungsvorhabens als „Türöffner“ identifiziert, auf deren Grundlage Lösungsansätze zum Abbau von Hürden diskutiert wurden.

Im Rahmen des Projektes sind für jeden der Landkreise Informationsbroschüren mit Anprechpartner_innen und Anlaufstellen aus dem Existenzgründungsbereich entstanden. Diese können hier heruntergeladen oder bei den Projektmitarbeiter_innen angefragt werden.

Um Gründungsinteressierten mit Migrationshintergrund gute Beispiele zu präsentieren, wurden Kurzfilme über die Erfolgsgeschichten migrantischer Unternehmer_innen aus den Untersuchungsregionen erstellt.

Projektdetails

Dieser Blick in die Forschung basiert auf Inhalten aus dem Projektblog des Projekts „MIGOEK ─ Migrantische Ökonomie für ländliche Kommunen“, das noch bis zum 31. März 2020 im Rahmenprogramm Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA), Fördermaßnahme „Kommunen innovativ“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert wird.

Die Regionalanalysen der Landkreise erhalten Sie hier zum Download.

Ihr Kontakt

Mehmet Fatih RüzgarHAWK
Fakultät Management, Soziale Arbeit & Bauen
05531-126-198