Wie steht es um die Artenvielfalt auf heimischen Wiesen? In einem aktuellen Forschungsprojekt entwickelt die Abteilung Waldinventur und Fernerkundung der Fakultät für Forstwissenschaften (Universität Göttingen) Monitoringverfahren zur Beobachtung verschiedener Diversitätsindikatoren. Diese sollen Aufschluss über die Auswirkungen unterschiedlicher Bewirtschaftungsformen auf die Biodiversität geben.

Ausgangslage

Das im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Verbundprojekts „Biodiversitäts-Exploratorien“ hat gezeigt, dass bei zunehmender Intensität der Grünlandnutzung die Biodiversität abnimmt. Eine Veränderung der Intensität der Landnutzung begünstigt dagegen die Biodiversität. Dies gilt nicht nur für die Pflanzenvielfalt, sondern auch für die Vielfalt der Bodenorganismen. Um diese Effekte der Landnutzung besser zu verstehen, ist ein regelmäßiges Monitoring von Grünlandflächen notwendig.

Abb. 1: Klassische Vegetationsaufnahmen im Grünland (Quelle: P. Magdon)

Klassischerweise bestimmen Biologen auf einer definierten Parzelle die Anzahl und Häufigkeit der Pflanzenarten. Der Aufwand dafür ist groß und die Ausdehnung der untersuchten Flächen begrenzt (siehe Abb.1). Mit fernerkundlichen Aufnahmen wie z.B. Luft- und Satellitenbildern können große Flächen mit geringem Aufwand erfasst werden. Allerdings liefern solche Aufnahmen keine Artenlisten, sondern Bilder, welche die spektrale Reflektion der Wiesen in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen beschreiben. Das Reflektionsverhalten von Wiesen wird unter anderem durch das Vorkommen und die Verteilung der verschiedenen Pflanzenarten, die Anatomie der Pflanzen und Blätter und dem Aufbau der Blattzellen beeinflusst. Diese Faktoren wirken unterschiedlich in verschiedenen Wellenlängenbereichen. Zur besseren Unterscheidung der Artengruppen und Pflanzengesellschaften werden daher detaillierte spektrale Aufnahmen benötigt. Um diese zu erhalten, muss das reflektierte Sonnenlicht in unterschiedlichen Wellenlängen in getrennten Bildkanälen erfasst werden. Bei einer hohen Anzahl (>30) solcher Kanäle spricht man von hyperspektralen Aufnahmen. Der Einsatz von Hyperspektralkameras ist in der Lebensmittelindustrie z.B. bei der Beurteilung des Reifezustands von Obst weit verbreitet. Die Verwendung solcher Kameras in Drohnen ist jedoch neu, da erst seit kurzem Kameras mit entsprechenden Dimensionen zur Verfügung stehen. Hier setzt das aktuelle Forschungsprojekt an, das durch die intelligente Verknüpfung von terrestrischen und fernerkundlichen Aufnahmen Prognosen über die Artenvielfalt von Wiesenflächen ableiten will.

Erste Analysen mit hyperspektralen Luftbildern, die im Jahr 2015 mit Flugzeugen aufgenommen wurden, zeigten deutliche spektrale Unterschiede in den überflogenen Wiesen, welche sowohl durch die Pflanzengemeinschaft (Diversität) als auch durch die Struktur der Wiesen (Heterogenität) hervorgerufen werden. Um diese Unterschiede besser zu verstehen, sollen in der aktuellen Projektphase neue Bilder mit einer deutlich höheren räumlichen Auflösung (15×15 cm) durch eine bodennahe Befliegung mit Drohnen gesammelt werden. Zur Entwicklung entsprechender Vorhersagemodelle erfolgt in geringem zeitlichen Abstand die botanische Aufnahme am Boden.

Vorgehensweise

Die mit einer hyperspektralen Kamera ausgerüstete Drohne überfliegt den Plot mit einer Fläche von 50×50 m auf vorher festgelegten Bahnen. Die Flugsteuerung wird im Autopilot-Modus vom Flugcomputer übernommen und von einem Piloten überwacht. Nach dem Start erfolgt in 30 bis 40 Meter Höhe eine Kontrollaufnahme zur Kalibrierung der Kamera. Um ein Verwackeln der Bilder zu vermeiden, stoppt die Drohne jeweils zwei Sekunden für eine Aufnahme und fliegt dann zur nächsten Position weiter. Bei einer Flughöhe von ca. 60 m erfasst jedes Pixel des Bildes auf diese Weise eine Fläche von 15×15 cm, während es bei flugzeuggetragenen Aufnahmen meistens mehrere Meter pro Pixel sind.

Abb. 2: Dank der hyperspektralen Aufnahmen können spektrale Unterschiede differenziert dargestellt werden (Quelle: P. Magdon)

Mit Hilfe der hochauflösenden Drohnenbilder können somit wesentlich mehr Details erkannt werden. In der Auswertung werden dann die Bilddaten und die Vegetationsaufnahmen zu spektralen- und Diversitätsindices verrechnet und in einem Vorhersagemodell zusammengeführt. Dieses Modell soll es dann ermöglichen, die Pflanzendiversität auf Basis von Drohnenbildern vorherzusagen. Damit ließen sich dann größere Flächen erfassen und die Artenvielfalt einer Wiese beurteilen. Durch eine Analyse verschiedener Sensoren und Auflösungen soll im Rahmen des Projektes auch ermittelt werden, mit welchen Sensoren und Auflösungen eine Unterscheidung von artenreichen zu artenarmen Wiesen am ehesten möglich ist.

Bisherige Ergebnisse

Die Befliegung der insgesamt 34 Untersuchungsflächen im Biosphärenreservat Schwäbische Alb konnte im Mai und Juni 2018 erfolgreich mit dem neuen Drohnensystem durchgeführt werden. Dabei zeigte sich, dass der Vorteil der Drohnen nicht nur in der deutlich höheren Auflösung der Bilder, sondern auch in der zeitlichen Flexibilität liegt. Im Gegensatz zu flugzeuggestützten Befliegungen konnte die Flugplanung der Drohne einfach an die örtlichen Gegebenheiten angepasst und auf etwaige Wetteränderungen reagiert werden.

Abb. 3: Die multispektralen Aufnahmen der Untersuchungsflächen zeigen deutliche Unterschiede zwischen und innerhalb der Plots
(Heterogenität) (Quelle: P. Magdon)

Bevor die Spektralsignaturen der einzelnen Pixel mit den terrestrischen Aufnahmen verknüpft werden können, müssen die vielen Einzelbilder zunächst zu einem Mosaik mit einheitlichem Maßstab und bekannten Koordinatensystem zusammengesetzt werden. Die Entwicklung einer entsprechenden Software findet momentan im Rahmen einer Masterarbeit an der Universität Fribourg in der Schweiz statt.

Ausblick

Drohnen werden von der Abteilung Waldinventur und Fernerkundung mittlerweile in vielen Forschungsprojekten eingesetzt. In Kooperation mit dem Nationalpark Eifel fand eine großflächige Drohnenbefliegung von ehemaligen Truppenübungsflächen statt, um Wildschweinschäden zu erfassen. Im Rahmen eines Verbundprojektes (CRC 990) werden Drohnen zur Kartierung von tropischen Waldstrukturen genutzt. Insgesamt hat der Einsatz von Drohnen in der Forschung in den letzten Jahren stark zugenommen. Um dem Rechnung zu tragen, wurde die UAV Campus Gruppe gegründet. Dieses Netzwerk von Wissenschaftlern und Technikern an der Universität Göttingen bietet die Möglichkeit eines fächerübergreifenden Erfahrungs- und Wissensaustauschs zum Einsatz unbemannter Fluggeräte in der Forschung.

Referenzverzeichnis

(1) DFG Verbundprojekt „Biodiversitäts-Exploratorien“ http://www.biodiversity-exploratories.de

(2) UAV Campus Göttingen: https://uavcampus.wordpress.com

Projektdetails

Dieser Blick in die Forschung basiert auf dem Projekt „Instrumentierung und Fernerkundung“ der Abteilung Waldinventur und Fernerkundung der Fakultät für Forstwissenschaften (Universität Göttingen), dass von Dr. Paul Magdon betreut wird. Das Projekt ist Teil des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Verbundprojekts „Biodiversitäts-Exploratorien“. Innerhalb der drei Exploratorien Schorfheide-Chorin, Hainich-Dün und Schwäbische Alb werden langfristig, systematisch und großräumig Beobachtungen von Umweltparametern, Artenvorkommen und Landnutzung erhoben. Das Kernprojekt „Messtechnik und Fernerkundung“ ist verantwortlich für (i) die umfangreiche Messung und Aufzeichnung von meteorologischen und bodenkundlichen Umweltvariablen in allen Biodiversitäts-Exploratorien und (ii) die Bereitstellung von fernerkundungsbasierten und flächendeckenden Informationen zur Landbedeckung & -nutzung.

Ihr Kontakt

Dr. Paul MagtonUniversität Göttingen
Fakultät für Forstwissenschaften, Abteilung Waldinventur und Fernerkundung
0551 3919402